Von der Leyens Ministerium zur Altersarmut

Das Bundesarbeitsministerium (BMAS) unter der Führung Von der Leyens hat eine Große Anfrage der Abgeordneten Katrin Göring-Eckardt, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Fritz Kuhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema “Altersarmut in Deutschland” beantwortet (Bundestag Drucksache 17/6317), in der auch eine Grundrente thematisch ist. Mit welcher Logik in dieser Antwort “zur Sache” gegangen wird, erschließt sich bereits ganz zu Beginn. Auf die erste Frage der Anfragenden “Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass Altersarmut gegenwärtig ein Problem ist? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?” antwortet das BMAS:

Nein, Altersarmut ist heute kein verbreitetes Phänomen. Wer im Alter bedürftig
ist, dem sichert die Grundsicherung im Alter den Lebensunterhalt. (…)

Hier wird also geltend gemacht, dass ein soziales Sicherungsnetz existiert, das bedürftige Alte auffängt und mit Hilfe gewährter Grundsicherungsleistungen vor Altersarmut bewahrt. Auch in den folgenden Sätzen wird der Anspruch bekräftigt, dass die Grundsicherungsleistungen die Abwesenheit von Armut gewährleisten. An späterer Stelle findet sich allerdings ein geradezu haarsträubender Selbstwiderspruch. Unter 4. antwortet das BMAS auf die Frage der Anfragenden “Sieht die Bundesregierung Entwicklungen, die gegenwärtig und in der Zukunft für eine Zunahme von Altersarmut sprechen? Wenn ja, welche?”:

Niedrige Alterseinkommen resultieren vor allem aus nur kurzen Phasen sozialversicherungspflichtiger Vollzeiterwerbsarbeit oder längeren Zeiten der Arbeitslosigkeit. Wer schon im Erwerbsleben über lange Zeiträume niedrige Erwerbseinkünfte   bezogen   hat,   wird   auch   im   Alter   im   Regelfall   nur   auf   geringe Alterseinkünfte zurückgreifen können. Grundsätzlich gilt: Die wichtigste Voraussetzung zur Vermeidung von Altersarmut ist die Integration in den Arbeitsmarkt
und eine dauerhafte Erwerbstätigkeit mit entsprechendem Einkommen und vollständigen adäquaten Rentenbiographien sowie eine verbesserte Vereinbarkeit von
Familie und Beruf. (...)

Unter der Hand wird einfach der Anspruch fallen gelassen, dass Grundsicherungsleistungen Altersarmut vermeiden. Stattdessen hängt die Vermeidung von Altersarmut nun plötzlich von der Integration in den Arbeitsmarkt ab. Das bedeutet, dort wo über die Existenz von Altersarmut und ihre Vermeidung offen diskutiert werden soll, wird sie einfach geleugnet, sodass man sich über ihre Bekämpfung auch keine Gedanken mehr zu machen braucht. Aber faktisch rechnet man durchaus mit der Existenz von Altersarmut, die offensichtlich ganz bewusst als ein Anreiz zur Anstrengung bei der Suche nach Erwerbsarbeit im Erwerbsalter beibehalten werden soll. Wer am Ende mit Altersarmut konfrontiert ist, hat es gewissermaßen sich selbst zuzuschreiben und die Armut verdient.

Erschreckend an dieser Argumentationsweise ist nicht nur, dass sie sich offensichtlich vor allem aus kleinbürgerlichen Ressentiments speist, sondern vor allem auch die vorwaltende Immunisierungslogik, die sich trickreich – aber eben auch in sich verlogen – jeder offenen sachhaltigen Diskussion entzieht.

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